Das Dasara- oder Navaratrifest ist ein zehn Tage bzw. neun Nächte (nava = neun, ratri = Nacht) währendes Fest zu Ehren der Göttlichen Mutter Devi. Das Fest findet im September/Oktober jeden Jahres statt.

In manchen Landesteilen Indiens, wie in Bengalen, wird die Göttliche Mutter in diesen zehn Tagen in ihrer Erscheinungsform als Durga bzw. Kali verehrt. Durga/Kali repräsentiert den kämpferischen, zerstörerischen, auflösenden und dadurch reinigenden Aspekt der Göttin, und sie wird stets mit Waffen in der Hand dargestellt. Der Mythologie nach kämpfte die Göttin Durga 10 Tage lang, ehe sie am 10. Tag den Sieg über den büffelköpfigen Dämonen Mahishasura errang.

Gemäß einer anderen, weit verbreiteten Dasara Tradition, wird während des Dasara Festes die Göttliche Mutter drei Tage lang in ihrer Erscheinungsform als Durga, die nächsten drei Tage als Lakshmi, die Göttin des Wohlstands und der Fülle, und die drei Tage darauf als Saraswati, die Göttin der Weisheit, des Wissens und der Künste verehrt. Von den drei Grundeigenschaften (gunas), steht Durga/Kali für tamas, den dumpfen, dunklen Aspekt der Trägheit und Unwissenheit. Symbolisch geht es in dieser Zeit darum, unsere negativen, dunklen Eigenschaften, wie Zorn, Gier, Lust, Eifersucht, Trägheit, Unwissenheit etc. zu überwinden. Die nächsten drei Tage sind Lakshmi, der Göttin des Wohlstands und der Fülle gewidmet, die für die Grundeigenschaft rajas, Aktivität, steht. Nachdem unsere Herzen von negativen Kräften gereinigt sind, ist jetzt Raum für positive Eigenschaften, für spirituelle Fülle in Form von Qualitäten wie Mitgefühl, Toleranz, Liebe, Mildtätigkeit etc. Wenn unser Herz mit diesen Eigenschaften erfüllt ist, wird Saraswati verehrt, die Göttin des Wissens, der Weisheit und der Künste, da wir jetzt bereit sind, spirituelles Wissen in uns aufzunehmen. Saraswati symbolisiert die Grundeigenschaft der Reinheit, sattva.

Was sagt Sathya Sai Baba zum Dasara Fest?

Swami sagte zum Abschluss des Dasara Festes 2008 Folgendes über dieses Fest:

„Wir feiern gerade das Dasara Fest. Was ist Dasara? Die Feier von Dasara ist dazu gedacht, die Handlungen zu reinigen, die durch die zehn Sinne (dashendriya: die fünf Handlungs- und fünf Wahrnehmungssinne) begangen werden. Jeder Mensch in dieser Welt hat irgendeine Art von Handlung durchzuführen.

Die über diese Handlungen herrschende Gottheit, oder die Antriebskraft dahinter, ist Devi, welche die Personifizierung von Energie (shakti) ist. Sie gewährt den Menschen alle Arten von Energie zur Durchführung der verschiedenen Arten der Handlung (Karma). Als Ergebnis gewährt Lakshmi den Menschen verschiedene Arten des Wohlstands wie Geld, Getreide, Gold, verschiedene Gegenstände und Fahrzeuge, so dass sie in dieser Welt ein glückliches Leben führen. Der dritte Aspekt des weiblichen göttlichen Prinzips ist Saraswati, die Göttin der Bildung und des Intellekts.

Verehrung von Durga, Lakshmi und Saraswati

So wird die Dreieinigkeit von Durga (Göttin der Energie), Lakshmi (Göttin aller Arten des Wohlstands) und Saraswati (Göttin der Bildung und des Intellekts) während dieses Dasara Festes angebetet. Das ist die zugrunde liegende Bedeutung der Verehrung dieser Dreieinigkeit – Durga, Lakshmi und Saraswati – während dieses Navarâtrifestes. Es ist wichtig, dass der Mensch all diese drei Facetten des göttlichen Prinzips anbetet und verehrt …

Während des Navarâtrifestes führt jeder die Devipuja durch, die dem Einzelnen Energie verleiht. Die Verehrung Lakshmis bringt alle Arten von Wohlstand und die Verehrung Saraswatis Bildung und einen guten Intellekt. Deshalb ist die Verehrung aller drei Aspekte der Göttin während des Navarâtrifestes sehr wichtig.

Bei dieser ganzen Verehrung ist Dharma von höchster Bedeutung. Man sollte sich selbst erforschen, welche Folge eine bestimmte Handlung nach sich zieht und dann handeln. Dieses Urteilsvermögen ist der Bereich des Intellekts, der den gesamten menschlichen Körper durchdringt. So wie der elektrische Strom durch das Kabel fließt, ebenso dringt der Intellekt in alle Sinne eines Menschen und beeinflusst sie. Deshalb sollte jeder Mensch seinen Intellekt richtig anwenden und stets nur rechtschaffene Handlungen durchführen.“

Während der Verehrung Saraswatis findet vor Vijayadasami, dem Abschlusstag von Dasara, die so genannte Ayudhapuja statt, wörtlich: die Verehrung der Waffen. Gemäß der Mythologie wurden an diesem Tag nach dem Kampf gegen die Dämonen die Waffen niedergelegt und verehrt. Heutzutage werden an diesem Tag die Instrumente und Werkzeuge des täglichen Lebens geweiht und gesegnet. Schüler und Studenten verehren an diesem Tag ihre Bücher und lassen sie segnen, Bauern ihre Pflüge, Besitzer von Fahrzeugen ihre Fahrräder, Rikschas und Autos, kurz: Jeder verehrt das, was in seinem Leben das Wichtigste vor allem für den Lebensunterhalt ist. 

Die göttlichen Kräfte in uns verehren

Auch Swami segnete an diesem Tag seine Fahrzeuge und stieg früher auch auf den Goldenen Wagen.

Wie Swami betont, besteht die eigentliche Bedeutung der Ayudhapuja darin, die göttlichen Kräfte in uns zu verehren, denn wir alle tragen diese Aspekte der göttlichen Mutter in uns. Unsere eigentlichen Waffen sind Satya, Dharma, Shanti, Prema und Ahimsa: Wahrheit, gottgemäßes Handeln, Friede, Liebe und Gewaltlosigkeit.

Zugleich repräsentieren die drei Göttinnen Durga, Lakshmi und Saraswati die folgenden Aspekte:

  • die drei Pfade der Handlung (Karma/Durga), Hingabe und Verehrung (Bhakti/Lakshmi) und Weisheit (Jnana/Saraswati);
  • kriyashakti, die Kraft des Handelns (Durga), icchashakti, die Willenskraft (Lakshmi) und jnanashakti, die Kraft der Weisheit und Unterscheidung (Saraswati).
  • Durga ist shaktisvarupini, Lakshmi pranasvarupini und Saraswati vakdevata; das heißt: Durga ist als dynamische Kraft, Lakshmi als Willenskraft und Saraswati in Gestalt der Sprache im Menschen gegenwärtig.
  • Durga steht für die Natur, Lakshmi für die Gedankenkraft und Saraswati für die Sprache.
  • die Ebenen von bhu, bhuvah und svaha, wie sie im Gayatri Mantra genannt sind: bhu, die Ebene der Materie, entspricht Durga, bhuva, die Ebene der Lebenskraft und Schwingung, Lakshmi, und svaha, die Ebene von prajnana, höchster Weisheit und Strahlung, entspricht Saraswati.

Philosophisch gesehen, repräsentiert die Göttliche Mutter den Shakti-Aspekt. Shakti ist die göttliche Energie, die die Manifestationen des Göttlichen in der Schöpfung bewirkt und das Göttliche als Manifestation zum Ausdruck bringt. Ohne diese Energie, Shakti, würde das Göttliche, Brahman, nicht manifestiert und ausgedrückt, und ohne das zugrunde liegende Göttliche (Brahman) könnte Shakti nicht existieren. Zugleich erzeugt diese schöpferische Energie die Täuschung (Maya), die das der Schöpfung zugrunde liegende, unwandelbare, eigenschaftslose, unbewegliche Göttliche verbirgt.

Das ist einer der Gründe, warum Kali oft als auf Shiva tanzend dargestellt wird: Hier steht Shiva für den formlosen, göttlichen Urgrund Brahman, auf dem Shakti, die kosmische Energie, ihren kosmischen Tanz vollführt und der zugleich die Basis für ihren Tanz bildet.

Der letzte Tag von Dasara ist Vijayadasami, der Tag des Sieges (vijaya). Es ist der letztendliche Sieg im Kampf der Göttin gegen die „Dämonen“, symbolisch der Tag der Überwindung des Egos, des Transzendierens der Dualität und der völligen Vereinigung mit dem Göttlichen.

 

Die siebentägige Yagna

Meist wird hier in Prasanthi Nilayam während des Dasara-Festes ein 7-tägiges Feuerritual, Veda Purusha Saptaha Jnana Yajna genannt, abgehalten. Es wird in der Purnachandra Halle durchgeführt und endet an Vijayadasami, dem letzten Tag von Dasara. Die Bühne der Purnacandra Halle wird in einen großen Altar verwandelt, in der Mitte ist der Hauptaltar mit der Feuerstelle, um den die Brahmanen- Priester sitzen und Veden rezitieren, während sie das Feuer mit Ghee und Hölzern am Brennen halten. Gleichzeitig führt ein jüngerer Priester die Verehrung des Sonnengottes in Form von Suryanamaskar durch. Andere Priester rezitieren gleichzeitig aus anderen heiligen Schriften wie dem Devibhagavatam, der Heiligen Schrift, die der Göttin geweiht ist. Hinten auf der Bühne sitzen einige von Swamis Studenten und rezitieren ebenfalls die Veden. Rechts auf der Bühne (vom Publikum aus gesehen) wird die Göttin symbolisch in Form eines Kruges mit Kokosnuss darauf angebetet. Unter dem Rezitieren von Mantras und den 1008 Namen der Göttlichen Mutter wird sie von einem Priester und seiner Ehefrau mit Kurkuma (Gelbwurz) und Kumkum, dem roten, heiligen Pulver, verehrt. Dieses Ritual beginnt am ersten Tag von Dasara in der Bhajanhalle, und der Krug wird zu Beginn des Feueropfers zeremoniell in die Purnacandra Halle getragen. An diesem Platz wird das Yajna täglich mit dem Arati abgeschlossen. Daneben sitzt ein Priester und formt täglich aus einer Art Ton 1000 oder 1008 Lingams als Akt der Anbetung.

Die Bedeutung des Feueropfers

Swami sagt über die Bedeutung des Feueropfers:

„Das Herz des Menschen ist selbst der Opferaltar, die schmerzenden Wünsche sind die Feuerzungen, das Schlechte im Menschen ist die Opfergabe, die ins Feuer geworfen wird und der Schatz ungetrübter Glückseligkeit ist der letztliche Gewinn. Das ist die wahre Opfergabe, die ihr täglich in eurem Leben durchführen müsst. All diese Zeremonien sind nur eine symbolische Erinnerung und ein innerer Anstoß dafür, dass ihr in eurem täglichen Leben entsprechend den Anweisungen des Dharmas, der von Gott gesetzten Ordnung, handelt. Der Veda Purusha, der diese äußeren Gaben empfängt, befindet sich in euch. Widmet ihm all eure Gedanken, Worte und Taten. Das ist die wirkliche Opferhandlung. Das zoroastrische Feuersymbol ist eine Einladung an euch, alle niedrigen Instinkte und Impulse ins Feuer zu werfen. Opfert alle Bitterkeit im heiligen Feuer und geht herrlich, groß und göttlich daraus hervor!“

Dieses Feueropfer hat also eine reinigende Wirkung, und wir sollen symbolisch unsere schlechten Eigenschaften im Feuer opfern. Darüber hinaus dient es, wie Swami betont, dem Wohlergehen und Wohlstand der ganzen Welt, und, wie Swami in einer Ansprache sagte, auch dem Weltfrieden:

„Yajnas, mit Opfergeist als Grundlage, gewähren die königliche Straße zur Selbstverwirklichung, im Gegensatz zum gefährlichen Pfad der Selbstzerstörung, den die Menschen derzeit gehen. Yajnas sind dazu gedacht, die Kraft des Göttlichen zum Wohlergehen der Menschheit anzurufen… Die kosmische Energie der Mantras wird aus der Yajna-Stätte vom Feuer hochsteigen, sich in der ganzen Welt verbreiten und die Atmosphäre reinigen.“ (Sathya Sai Speaks, Band 26)

Am letzten Tag findet der Abschluss des Feueropfers, Purnahuti genannt, statt. Swami nimmt als Veda Purusha, der Herr der Veden, das Feueropfer an und materialisierte früher neun Edelsteine, die er ins Feuer wirft. Diese neun Edelsteine stehen zum einen für die neun Planeten, deren Einfluss man überwunden hat, aber auch für die neun Wege der Hingabe, und es gibt sicherlich noch mehr Bedeutungen. Früher fuhr Swami danach durch die Menge und besprühte die Devotees als Segenszeichen mittels einer Art Wedels mit geweihtem Wasser. Jetzt ist diese Aufgabe den Priestern übergeben.

Gramaseva Dienst an der Dorfbevölkerung

In früheren Jahren fand während des Dasara-Festes Gramaseva, der Dienst in den Dörfern, statt. In den Dörfern der näheren und weiteren Umgebung wurden an die Dorfbewohner Nahrung, Kleidung und Decken verteilt. Nachts wurde im Aschram das Essen (gewürzter Reis) zubereitet und von den Anantapur Studentinnen verpackt. Als Süßspeise, die mit dem gekochten Reis verteilt wird, wurden ununterbrochen Hunderttausende Laddus (die süßen Kugeln aus Fett, Zucker und Mehl) in den indischen Kantinen zubereitet. Swamis Studenten und Schüler der höheren Klassen fuhren dann am Morgen nach dem Darshan mit Lehrern und anderen Mitarbeitern und Verantwortlichen des Aschrams mit zahlreichen Lastwagen in die Dörfer und verteilten, unter Rezitation des Sai Gayatri Mantras, das freie Essen als Prasad (geweihte Speise) und Kleidung an Bedürftige. Die Verteilung begann meistens am ersten Tag im Dorf Puttaparthi, wurde dann in Dörfern der weiteren Umgebung durchgeführt und endete an Vijayadasami mit der Verteilung an ständige Aschram-Bewohner und Mitarbeiter der Aschram-Einrichtungen. Gelegentlich wurde übriggebliebenes Essensprasad nach der Verteilung in den Dörfern im Aschram am Ganesha-Tempel ausgegebenen.

Dienen als Ausdruck der Liebe

Es geht bei dem Essen nicht nur um den physischen Aspekt. Es gilt als sehr segensreich, geweihte Speise von einem heiligen Ort zu empfangen. Zugleich ist es ein Ausdruck von Swamis Liebe zur leidenden Bevölkerung. Wenn man die Armut der Dorfbewohner speziell in diesem ärmsten Staat Andrah Pradesh kennt, kann man sich sicher ein Bild machen von dem Ausmaß und der Großartigkeit dieses Projekts. Meist erzählten die Studenten später von den berührenden Szenen, die sie erlebten, während sie diesen Dienst leisteten. Das Projekt diente auch der Vorbereitung und Schulung der Schüler und Studenten in diesem Dienst, der Swami so wichtig ist, damit sie ihn auch nach der Studienzeit in Eigeninitiative weiterführen. Vor Beginn des Gramasevas zogen die Lehrer und Studenten in einer Prozession um den Mandir und kehrten oft erst nachmittags, unter lauten „Jai!“-Rufen, in den Aschram zurück.

Nach Swamis Mahasamadhi wurde das Fest wie zu seinen Lebzeiten begangen, inklusive Yajna, Gramaseva und Nachmittagsprogrammen, wobei am Darshanplatz Videos mit Swamis Dasara-Ansprachen, Darshans etc. eingeblendet wurden. In den letzten Jahren fand das Morgenprogramm ausschließlich in der Purnachandra Halle statt.