Ugadi 2010

Dieses Land Bhârat war die Geburtsstätte vieler edler Frauen wie Sâvitrî, die ihren verstorbenen Ehemann ins Leben zurückbrachte; Candramatî, die ein wildes Feuer mit der Kraft der Wahrheit auslöschte; Sita, die ihre Keuschheit bewies, indem sie unversehrt aus dem lodernden Feuer hervorkam, und Damayantî, die einen übel gesinnten Jäger mit der Kraft ihrer Tugend zu Asche reduzierte. Dieses fromme, erhabene Land erlangte Fülle und Wohlstand und wurde zum Lehrer aller Nationen der Welt, aufgrund solch tugendhafter Frauen.

Eine Frau, die nur ihrem Ehemann folgt und glücklich ist, wenn sie ihm dient, wird pativrata (eine tugendhafte Frau) genannt. Aufgrund der Kraft ihrer Tugend konnte Sâvitrî ihren verstorbenen Ehemann Satyavân ins Leben zurückbringen.

 

Candramatî unterstützte ihren Ehemann Harishchandra vollkommen und in jeder Hinsicht, als er sein gesamtes Königreich in Mildtätigkeit dem Weisen Vishvâmitra übergab und ein Armer wurde, der nicht einmal einen einzigen Paisa besaß. Als der Weise Vishvâmitra, nachdem er Harishchandras Königreich als wohltätige Gabe erhalten hatte, diesen aufforderte, ihm außerdem Dakshina (ein Geldopfer) zu geben, bat Harishchandra ihn, er möge ihm zum Zahlen des Geldopfers etwas Zeit geben. Harishchandra verließ sein Königreich und begab sich, gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinem Sohn Lohitasva, nach Kashi (Benares), um Geld zu verdienen, um dem Weisen das Geldopfer zu zahlen. Nachdem er keinen anderen Weg fand, um die geforderte Summe zu zahlen, verkaufte er seine Frau und seinen Sohn an einen Brahmanen. Da sie eine Königin war, hatte Candramatî niemals irgendeine Haushaltsarbeit verrichtet, aber jetzt wurde sie vom Brahmanen angewiesen, die niedrige Arbeit des Geschirrwaschens und Reinigen des Hauses zu verrichten. Harishchandra übernahm die Aufgabe des Verwalters eines Einäscherungsplatzes. Der Besitzer der Einäscherungsstätte teilte ihm die Arbeit zu, Steuer einzusammeln von jenen, die zum Einäscherungsplatz kamen, um die Toten zu verbrennen.

 

Eines Tages schickte der Brahmane Lohitasva gemeinsam mit anderen Kindern in den Wald, um Darbhagras (Gras, welches für rituelle Verehrungszwecke verwendet wird) zu sammeln. Dort wurde Lohitasva von einer Schlange gebissen und starb. Die anderen Kinder brachten seinen Leichnam zu Candramatî. Da sie erst die Haushaltsarbeit verrichten musste, ehe sie den Leichnam ihres Sohnes zum Einäscherungsplatz bringen konnte, wurde es Nacht, ehe Candramatî die Verbrennungsstätte mit dem Leichnam ihres Sohnes erreichen konnte. Als der Verwalter dieser Stätte, der niemand anderes war als ihr Ehemann Harishchandra, sie aufforderte, die Steuer für die Verbrennung des Körpers ihres Sohnes zu zahlen, sagte sie, sie hätte kein Geld, um die Steuer zu zahlen. Als er das Hochzeitsband (Mangalasûtra) um ihren Nacken sah, erwiderte er: „Wie kannst du behaupten, du besäßest kein Geld? Ich sehe das Hochzeitsband, welches du trägst.“ Als sie das vernahm, dachte Candramatî bei sich: „Nur mein Ehemann, und niemand anderes, ist in der Lage, meine Mangalasûtra zu sehen.“ Daraufhin fragte sie ihn: „Bist du nicht mein Ehemann Harishchandra?“ Harishchandra bejahte, und als er vom Tod ihres einzigen Sohnes erfuhr, war er untröstlich. Dennoch erklärte er ihr, er könne ihr nur gestatten, den Leichnam ihres Sohnes zu verbrennen, wenn sie die Steuer zahlte. Da sie kein Geld hatte, entfernte sie ihre Mangalasûtra, um sie ihm zu geben. Im selben Augenblick manifestierte sich Gott Shiva dort. Er pries Harishchandra für sein striktes Festhalten an der Wahrheit und erklärte ihm, das alles sei ein göttliches Spiel gewesen, um den Menschen in der Welt zu zeigen, dass es in der Welt immer noch einige sehr erhabene Personen gebe, die gewissenhaft der Wahrheit folgten. Er brachte auch ihren verstorbenen Sohn Lohitasva ins Leben zurück. Mittlerweile traf auch Vishvâmitra dort ein. Er gab Harishchandra das Königreich zurück und erklärte ihm, er habe das alles nur getan, um sein Festhalten an der Wahrheit auf die Probe zu stellen. Auf diese Weise demonstrierte Harishchandra die göttliche Qualität der Wahrheit. Wahrheit ist Gott.

 

Die Menschen suchen nach Gott und fragen: „Wo ist Gott? Wo ist Gott?“ Gott ist überall.

 

Seine Hände, Füße, Augen, Kopf, Mund und Ohren sind überall. So durchdringt er das gesamte Universum.

 

Gott hat weder Anfang noch Ende, weder Geburt noch Tod. Der menschliche Körper ist vergänglich und flüchtig wie eine Wasserblase, aber er ist der Wohnsitz Gottes, der ewig ist. Gott ist nicht außerhalb von euch; er ist in euch. Derselbe Atman wohnt allen Lebewesen, inklusive Vögeln, wilden Tieren und Insekten, inne.

 

Gott hat keine spezifische Form. Brahma, Vishnu und Maheshvara (Shiva) sind nicht voneinander verschieden. Gott manifestiert sich in der Gestalt, in der die Devotees sich auf ihn besinnen. Wenn eine Frau ihren Ehemann als Gott betrachtet, kann sie Gott in ihm realisieren. Mit welchen Empfindungen auch immer ihr an Gott denkt, auf dieselbe Weise wird Gott vor euch erscheinen. Gott nimmt menschliche Gestalt an (daivam mânusharûpena). Alle sind die Verkörperungen Gottes. Also lautet die Antwort auf die Frage: „Wo ist Gott?“: „Gott ist überall.“ Der Atman, der in euch in der Form von Bewusstsein gegenwärtig ist, ist in allen anwesend. Ihr könnt nicht behaupten, Bewusstsein sei hier, aber nicht dort; es ist überall. Gott ist allgegenwärtig. Es besteht keine Notwendigkeit, nach Gott zu suchen, der überall, in allen und an allen Orten gegenwärtig ist. Deshalb ist es sehr leicht, Gott zu erkennen. Versucht zu verstehen, dass alles im Universum von Gott durchdrungen ist. Das Ziel eurer ganzen Bildung besteht darin, Gott zu erfahren, der überall und in jedem Lebewesen gegenwärtig ist. Dieses Ideal zu erreichen, sollte euer Lebensziel sein. Schließt eure Augen und besinnt euch auf die Form Gottes, die euch gefällt. Auf welche Form Gottes ihr euren Sinn auch richtet, Gott wird sich in eben dieser Form vor euch manifestieren. Denkt niemals, Gott befände sich irgendwo an einem fernen Ort, oder er halte sich nur an einem bestimmten Platz und nicht an einem anderen auf. Er ist überall gegenwärtig und durchdringt jedes Atom des Universums.

 

Heute ist Ugadi, der erste Tag des Monats Caitra (der erste Monat des indischen Kalenders). Ugadi kennzeichnet den Anfang eines neuen Jahres. Tatsächlich bedeutet Ugadi den Beginn einer neuen Ära (Ugadi kommt von Yuga, das bedeutet Zeitalter, A. d. Ü.). Aber nicht Ugadi ist der wahre Beginn einer neuen Ära. Die wirklich neue Ära beginnt dann, wenn der Mensch neue, edle Gedanken hat. Schaut deshalb nach innen und erfahrt Gott, der in eurem Herzen gegenwärtig ist. Das ist die wahre Feier von Ugadi. Erkennt, dass Gott überall anwesend ist. Gott ist Einer, obwohl die Menschen ihn durch viele Namen verehren. Es gibt viele Süßigkeiten wie Gulab Jamun, Mysore Pak, Jilebi usw., aber der Zucker in ihnen allen ist derselbe. Namen und Formen der Menschen mögen sich unterscheiden, aber die Göttlichkeit, die allen innewohnt, ist dieselbe. Die Wahrheit ist eine, aber die Weisen geben ihr verschiedene Namen. Ihr seht das Bild Krishnas, der eine Krone mit einer Pfauenfeder trägt, oder das Bild Shivas, der mit einem dritten Auge dargestellt wird. Aber dies sind bloße Abbilder Gottes. Gott hat keine Form. Er ist jenseits aller Namen und Formen. Begrenzt Gott deshalb nicht auf irgendeinen Namen und irgendeine Form. Hegt nicht die falsche Vorstellung, Gott befände sich nur an diesem oder jenem Ort. Von diesem heiligen Tag Ugadi an, solltet ihr Gott in jedem wahrnehmen. Wem ihr auch begegnet, erweist ihm euren Gruß und betrachtet ihn als die Verkörperung Gottes. Das ist wahre Meditation. Gott ist in euch; ihr selbst seid Gott. Wohin wollt ihr euch dann auf die Suche nach Gott begeben? Geht irgendjemand nach draußen, um nach sich selbst zu suchen? Wenn ihr selber Gott seid, wie kann es dann noch einen weiteren Gott geben? Wendet eure Sicht nach innen und seht Gott in euch.

 

Wenn ihr sagt: „Dies ist mein Körper“, wer ist dann dieses „Mein“? Wie ersichtlich, seid ihr und der Körper etwas Verschiedenes. Erkennt diese Wahrheit. Das ist wahre Hingabe.

 

(Bhagavan rief einen Jungen zu sich und fragte ihn: „Woher kommst du?“ Als der Junge antwortete, er wäre von Mumbai gekommen, erwiderte Bhagavan:) Dein Körper, und nicht du, ist in Wirklichkeit von Mumbai gekommen. Erkenne die Wahrheit: „Ich bin ich.“ Wenn du behauptest: „Ich bin soundso“, was besagt das? Deinen Namen haben dir deine Eltern gegeben. Du wurdest nicht mit diesem Namen geboren. Glaube nicht, dein Körper sei dauerhaft. Der physische Körper währt nur eine begrenzte Zeitperiode. Letztlich muss er vergehen. (Swami rief einen anderen Jungen herbei und fragte ihn: „Was willst du?“ Der Junge antwortete: „Swami, ich will dich, ich will deine Liebe. Sei immer bei uns, Swami.“ Daraufhin erwiderte Swami:) Ich bin immer bei euch. Ihr alle gehört zu mir. Wann immer ihr euch in eurem Herzen auf mich besinnt, werde ich mich vor euch manifestieren. Heute ist Neujahr. Seid glücklich.

 

Aus Bhagavans Ugadiansprache in der Sai Kulwant Halle, Prashanti Nilayam.

Übersetzung der vom Sri Sathya Sai Sadhana Trust, Publications Division, herausgegebenen gedruckten englischen Fassung der Ansprache. Susan Boenke, Prashanti Nilayam.

© by Sathya Sai Vereinigung Deutschland, e.V.