Sathya Sai Babas Ansprache am 22.11.2010, Prashanti Nilayam anlässlich der Zusammenkunft seiner Universitäten (Convocation)

Studenten, Verkörperungen der Liebe!

Ihr alle wünscht euch, dass Swami wenigstens ein paar Worte spricht. Ihr denkt: „Wie schön wäre es, wenn Swami wenigstens ein paar Minuten lang sprechen würde!“ Ich will jedoch nichts über das gegenwärtige Bildungssystem sagen.

 

Dieses Land Bharat war die Geburtsstätte vieler edler Frauen wie Savitri, die ihren verstorbenen Ehemann ins Leben zurückholte; Candramati, die ein ungestümes Feuer mit der Kraft der Wahrheit auslöschte; Sita, die ihre Keuschheit bewies, indem sie unversehrt aus dem lodernden Feuer hervorkam und Damayanti, die einen arglistigen Jäger mit der Kraft ihrer Keuschheit zu Asche verbrannte.

 

Anfangs war Candramati aufgrund des lodernden Waldbrandes von Angst erfüllt. Sie war zusammen mit ihrem Ehemann und Sohn von den Flammen des ungestümen Feuers umgeben. Niemand konnte erklären, warum sie plötzlich von den lodernden Flammen umzingelt wurden. Es war in Wahrheit ein göttliches Spiel. Als Candramati schließlich die Kraft ihrer Wahrhaftigkeit und Keuschheit einsetzte, wurde das Feuer im Nu gelöscht. Als Candramati betete, setzte ein heftiger Regenschauer ein. Auf der einen Seite war das lodernde Feuer, auf der anderen begann ein heftiger Regen, und schließlich war das Feuer vollständig gelöscht.

 

Auch Savitri besaß die große Kraft der Askese und Tugendhaftigkeit. Sie konnte sogar den Todesgott Yama davon abhalten, das Leben ihres Ehemannes zu nehmen. Sie stritt mit Yama und erklärte ihm: „Das Leben der Ehefrau hängt vom Ehemann ab, und das Leben des Ehemannes von seiner Ehefrau. Der Eine kann ohne den Anderen nicht leben. Wenn du das Leben meines Ehemannes nehmen willst, dann nimm bitte auch mein Leben. Sonst verschone ihn. Wir sind nicht voneinander getrennt. Es ist meine höchste Pflicht, das Leben meines Ehemannes zu schützen.“ Am Ende musste Yama Savitris Ehemann wieder zum Leben erwecken. Gibt es irgendein Land oder irgendein Gebiet in dieser Welt, wo eine Frau wie Savitri zu finden ist, die ihren verstorbenen Ehemann ins Leben zurückholen konnte? Diese göttliche Kraft ist in jedem Menschen verborgen. Der Mensch sollte diese Kraft aus sich selbst hervorbringen, und sie dann nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere nutzen.

 

In jenen Zeiten betrachtete die Ehefrau ihren Ehemann als ihr Leben selbst und umgekehrt. Aber leider ist es heutzutage anders. Dieses heilige Land Bharat ist von den sieben Meeren umgeben. In diesem Land übten viele Frauen wie Damayanti und Savitri intensive Askese. Sie alle sind Frauen von herausragender Tugend. Aber heutzutage sind solche Frauen von großer Keuschheit und Tugend nicht zu finden.

 

Diejenige ist eine tugendhafte Frau, Pativrata (pati bedeutet Ehemann, vrata Gelübde, Gelöbnis, Gesetz, Anm. d. Ü.), die ihren Ehemann als ihr Leben selbst betrachtet und sich völlig auf ihn verlässt. Diejenige ist eine Pativrata, die ihrem Ehemann nicht widerspricht. In ihr wird nicht einmal ein kleiner Makel zu finden sein. Sie hat keinerlei selbstsüchtige Wünsche. Alles, was sie tut, dient dem Wohl ihres Ehemannes. Sie würde einen anderen Mann nicht einmal anschauen. Nur eine solche Frau kann eine wahre Pativrata genannt werden. Aber die modernen Frauen folgen ihren Ehemännern nicht. Sie hören nicht auf das, was ihre Ehemänner sagen. Wenn die Ehefrau ihrem Ehemann und der Ehemann der Ehefrau folgt und beide ein harmonisches Leben führen, dann wird das gesamte Land Frieden und Wohlstand erlangen. Aufgrund der Meinungsverschiedenheiten zwischen Ehemann und Ehefrau und der Uneinigkeit in der Familie, ist das Land einem Problem nach dem anderen ausgesetzt. Ehemann und Ehefrau, sollten einander verstehen und sich einander anpassen.

 

Eine Pativrata, die den Anweisungen ihres Ehemannes strikt folgt, kann alles vollbringen. Sogar wenn sie das Essen ihres Ehemannes mit dem Salzwasser des Ozeans zubereiten würde, würde es sich in süßes Wasser verwandeln. Wenn die Frau der Anweisung ihres Ehemannes gehorcht und der Ehemann die Wünsche seiner Frau erfüllt, ist die Zukunft der Familie gesichert. Wenn sie sich anders verhalten, wird die Familie großem Leid ausgesetzt sein. Ehemann und Ehefrau benehmen sich beide vielleicht anständig, solange sie zu Hause sind, doch sobald sie das Haus verlassen, frönen sie allen Arten von üblen Dingen. Wenn zwischen Ehemann und Ehefrau keine Einheit und Harmonie herrschen, hat es keinen Zweck, spirituelle Übungen wie Mantrenwiederholung (japa), Meditation (dhyana) und dergleichen auszuführen.

 

Wenn die Ehefrau ihrem Ehemann und der Ehemann seiner Ehefrau folgt, herrscht großes Glück in der Familie. Strebt danach, eine solche Einheit und Harmonie in eurer Familie zu erreichen. Dann wird euer ganzes Leben glücklich und friedvoll werden, frei von jeglicher Sorge. All eure Sorgen sind eure eigene Schöpfung. Sie sind nicht von Gott gegeben. Gott ist nicht an einem fernen Ort. Er wohnt im Menschen. Ihr solltet unerschütterlichen Glauben an diese Wahrheit haben. Dann wird nicht nur der Einzelne, sondern auch die Gesellschaft glücklich sein. Das reine Herz ist der Tempel Gottes. Entwickelt deshalb Liebe in eurem Herzen. Dann werdet ihr alles im Leben erreichen.

 

Frieden und Glück werden dann in der Familie herrschen, wenn Ehemann und Ehefrau beide dieselben Ansichten teilen. Diejenige ist eine Pativrata, die keinen Gedanken an irgendjemand anderen oder irgendetwas anderes als ihren Ehemann hat. Eine Frau, die ihr Leben mit einem derart entschlossenen Glauben an ihren Ehemann führt, kann in ihrem Leben alles erreichen. Wenn beide verschiedenen Pfaden folgen, können weder Frieden noch Glück in der Familie herrschen.

 

Ihr solltet eurem Geist nicht erlauben, hierhin und dorthin zu wandern. Ihr solltet ihn völlig auf Gott ausrichten. Die Kontemplation Gottes ist die Grundlage, um Einheit und Harmonie in der Familie zu erreichen. Wenn die Ehefrau zu Gott betet, wird der Ehemann ein guter Mensch werden.

 

Tugendhafte Frauen von einst wie Sita und Damayanti hatten alleinige Hingabe an ihre Ehemänner. Sita wurde zehn Monate lang in Lanka gefangen gehalten, aber sie schaute nicht einmal in das Gesicht einer männlichen Person. Sie verbrachte all ihre Zeit in der Kontemplation über Rama, während sie unter einem Baum im Ashokahain saß. Sie ging überhaupt nicht von dort weg. Da sie eine so herausragende tugendhafte Frau war, konnte sie ihre Reinheit durch die Feuerprobe beweisen.

 

Gott ist Einer allein, nicht zwei. Er ist der Bewohner eures Herzens. Wenn ihr ständig an ihn denkt, werdet auch ihr Gott werden. Wem auch immer ihr begegnet, haltet denjenigen für die Verkörperung des Göttlichen. Das ist das Prinzip des Göttlichen. Wenn ihr hingegen den Launen eures Geistes folgt und willkürlich hier und dort herumstreunt, wie könnt ihr dann Gott werden? Wenn ihr auf dem Weg zum College seid, warum solltet ihr hierhin und dorthin schauen und euch in müßigem Klatsch ergehen? Richtet euren Geist auf den Zweck, zu dem ihr gekommen seid. Verrichtet eure Arbeit, ohne unnötige Kontakte zu entwickeln. Kümmert euch um eure Familie. Darin liegt nichts Falsches. Niemand sagt, ihr solltet eure weltlichen Pflichten aufgeben. Lebt in der Welt und erfüllt eure Pflichten. Aber habt immer göttliche Empfindungen.

 

Viele Menschen besuchen Pilgerorte wie Badrinath, Amarnath, Kedarnath, Bhadrachalam, Tirupati usw., auf der Suche nach Gott. Sie glauben, sie könnten Gott an solchen Plätzen finden. O törichter Mensch! Gott ist nicht irgendwo anders. Tatsächlich seid ihr selber Gott. Gott ist in allen gegenwärtig. Gott ist Einer allein, und er ist gegenwärtig, wo immer ihr nach ihm sucht. Er ist in euch, bei euch, über euch und unter euch. Gott ist jenseits von Geburt und Tod und wohnt jedem Lebewesen in Gestalt des Atman inne. Er ist in allen Menschen vom Kind bis zum alten Mann gegenwärtig. Derselbe Gott ist in einer Ameise, einer Mücke und in allen Vögeln, Tieren und Raubtieren. Bemüht euch deshalb nicht unnötig, indem ihr euch auf die Suche nach Gott begebt.

 

Wo immer ihr hinschaut, dort ist Gott anwesend. Wen immer ihr seht, Gott ist in ihm. Gott hat keine gesonderte Form. Alle Formen sind Sein. Aus diesem Grund verkünden die Veden: Das kosmische Wesen hat Tausende Köpfe, Augen und Füße.

 

Wenn ihr euch zur Meditation hinsetzt, wandert euer Geist hierhin und dorthin. Ihr solltet dem Geist das Umherschweifen nicht gestatten, sondern ihn immer ruhig halten. Wenn ihr zum Strand geht, hört ihr, dass die Wellen den Klang Om erzeugen! Wenn ihr euch auf diesen Klang konzentriert, werdet ihr alles vergessen.

 

Da ihr alle jung seid, will ich einen Punkt besonders hervorheben: Entwickelt weder Feindseligkeit noch Meinungsverschiedenheiten untereinander. Kontroversen führen zu vielen Schwierigkeiten. Manche Menschen heiraten heutzutage nicht einmal, zweimal oder dreimal, sondern sogar viermal. Das ist kein gutes Vorgehen. Seid auf eines ausgerichtet. Selbst wenn euch jemand ärgert, streitet nicht mit ihm. Versteht, dass, ihr in Wirklichkeit euch selbst verletzt, wenn ihr mit anderen streitet. Beherrscht eure Gedanken. Das ist das Kennzeichen einer wahrhaft gebildeten Person. Das wird Educare genannt. Gemeinsam mit Bildung solltet ihr auch Educare haben. Wenn ihr Educare besitzt, werdet ihr alles haben – Gesundheit, Glück, Frieden und Wohlergehen. Ich will, dass ihr das begreift. Alles wird gut für euch werden, wenn ihr euer Herz reinigt. Schlagt wenigstens von heute an den rechten Weg ein. Wenn jemand versucht, euch auf den falschen Weg zu lenken, schenkt ihm keine Aufmerksamkeit. Wenn ein solcher Mensch auf euch zukommt und euch in ein Gespräch verwickeln will, schaut ihm nicht einmal ins Gesicht. Ignoriert ihn einfach und geht weg.

 

Studenten sollten in allen Angelegenheiten in Einheit leben. Aber heutzutage ist Einheit völlig verschwunden. Stattdessen nimmt Feindseligkeit zu. Wenn ein Student in der Klasse gute Noten bekommt, sind andere Studenten eifersüchtig auf ihn. Das sollte nicht geschehen, denn aus Eifersucht entwickelt sich Abneigung. Es wird weitere Spaltungen geben, wenn Politik Eingang in die Bildungseinrichtungen findet. Deshalb sollten alle Studenten in Einheit und Solidarität leben.

 

Ihr solltet Einheit erreichen. In der heutigen Jugend gibt es keine Einheit. Zuallererst sollten die Jugendlichen bereit sein, einander zu helfen. Das Ziel von Bildung ist Charakter. Wenn euer Charakter gut ist, könnt ihr im Leben alles erreichen. Ihr mögt denken, ihr habt Goldmedaillen gewonnen, hohe Abschlüsse erlangt und euch einen Namen gemacht. Aber wenn es euch an Charakter mangelt, sind diese Diplome nichts als ein Stück Papier. Es ist für euch von höchster Bedeutung, euren Charakter zu bewahren. Nur ein solcher Mensch ist wahrhaft gebildet.

 

Als Ravana Sita nach Lanka entführte, ließ Sita den Beutel mit all ihren Juwelen fallen, und dieser landete auf einem Berg. Rama und Lakshmana wurde dieser Beutel auf ihrer Suche nach Sita von Sugriva gezeigt. Rama bat Lakshmana, die Juwelen anzuschauen und zu identifizieren, ob sie Sita gehörten. Da erwiderte Lakshmana: „Bruder! Ich habe nie Sitas Gesicht angeschaut und weiß deshalb nicht, ob dieser Schmuck ihr gehört oder nicht. Ich kann nur die Fußkettchen identifizieren, da ich diese gesehen habe, wenn ich mich jeden Tag zu ihren Füßen verneigte.“

 

Sita, Rama und Lakshmana lebten nahezu 14 Jahre lang gemeinsam im Wald. Aber Lakshmana schaute kein einziges Mal Sitas Gesicht an. Was für eine reine Person Lakshmana war! Wann immer er mit Sita sprechen musste, tat er es mit gesenktem Haupt. Weil er eine so edle Person war, konnte er den Reichtum der Nähe zu Rama genießen. Als Lakshmana auf dem Schlachtfeld bewusstlos wurde, sagte Rama: „Wenn ich suchte, würde ich vielleicht eine Ehefrau wie Sita finden, nicht aber einen Bruder wie Lakshmana. Ich kann die Trennung von Sita, nicht aber von Lakshmana ertragen“. So stark war das Band der Liebe zwischen Rama und Lakshmana.

 

Auch die Studenten sollten diese Einheit entwickeln und alle als ihre Brüder und Schwestern betrachten. Alle sind Menschen. Alle sind Kinder Gottes. Deshalb solltet ihr in Einheit leben, und keinerlei Meinungsverschiedenheiten Raum geben. Dies ist meine heutige Botschaft an euch.


Übersetzung der auf der offiziellen Aschramwebsite veröffentlichten Fassung der Ansprache.

Susan Boenke, Prashanti Nilayam.

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